Was man über JusProg und ihren Filter wissen sollte
The internet is for filter
Neulich habe ich bereits über die Organisation JusProg und ihren seltsamen Filter berichtet, der jugengefährdende Seiten einfach sperrt, oder als "ab 16" , "ab 18" u.ä. einstuft. Heute möchte ich ein wenig über die dubiosen Hintergründe dieses Vereins sinnieren. Denn hinter diese vermeintlichen "Jugenschutzorganisation" stehen zwei der größten deutschen Erotikhändler. Ach, Pornografen als Kinderschützer - so läuft das heute! Der Vorstandsvorsitzende der Kinderschutzorganisation Mirko Drenger ist zugleich auch der Geschäftsführer der Fundorado GmbH. Da kommt der selbst ernannte "Brachen-Primus" in Sachen Sex- und Erotikangebote im Internet und erzählt Jugendlichen nun, was gut für sie ist.
Ok, von dem wird denn diese tolle, jugendschützende Organisation noch so unterstützt? Da wären zum einen der Bundesverband Erotikhandel e.V. und Bild.de. Der Schriftverkehr wird komplett über eine Brieffachadresse der Inter Content KG geregelt, welcher einer der größten deutschen Anbieter von Pornografie ist. Stehen da möglicherweise Geschäftsinteressen hinter dem Jugendfilter?
Der Filter soll eine technische Hilfe sein, Jugendliche von Inhalten fernzuhalten, für die sowohl sie selbst, als auch das Unternehmen rechtlische Konsequenzen haben könnte. Restriktive Zugangsmaßnahmen könnten Kunden fernhalten, daher braucht man etwas anderes, was einem ein wenig mehr Rechtssicherheit verschafft, da das Unternehmen sonst mit Geldbußen von bis zu einer halbe Million Euro rechnen muss, wenn nicht sogar mit dem gänzlichen Verbot der weiteren Produktverbreitung. Ein Geschäftsrisiko, welches gerade bei Erotikanbietern nicht zu unterschätzen ist.
Nun erfolgt von der Komission für Jugendmedienschutz ein Modellversuch, an dem der Filter von JusProg teilnehmen soll und im besten Falle der erste Filter sein wird, der von staatlichen Jugnschützern Annerkennung erhält, was aber laut KJM selbst "nicht absehbar" sei. Die Mängel anderer Filter beliefen sich laut KJM meist auf die Sperrung harmloser Seiten. Daher sollte sich JusProg nicht allzu viel Hoffnung machen, die staatliche Legitimation zu bekommen, weil das definitiv alles bisherige bei Weitem übersteigt.
Laut Jugenschutzgesetz gibt es auch Inhalte, die aufgrund von "sozialethischer Desorientierung" in diese Sparte fallen. (Dazu zählen bspw. rechtextreme Schriften). Schleierhaft bleibt jedoch, weshalb JusProg Seiten wie die der Gruenen, Telepolis oder die NachDenkSeiten sperrt. Der Filter macht keinen Halt vor Blogs mit Bildern, Blogs ohne Bilder, reine Textblogs, mit oder ohne Kommentarufunktion, englischsprachig oder deutschsprachig ... jede zweite politische Seite muss sich vom Filter das Prädikat "gesperrt" verleihen lassen.
Darunter befanden sich auch Seiten von Parteien, wie bspw. die der Gruenen oder der Piratenpartei. "NPD" und "Die Linke" meint man, Jugendlichen ab 14 zumuten zu können. Handelt es sich jedoch um weit weniger alternative Medien wie die Online-Ableger etablierter, großer Tages- und Wochenzeitungen und Zeitschriften, scheint es dem Filter egal zu sein, was darauf propagiert wird. Auch sexueller Content scheint kein maßgebliches Kriterium mehr für eine Sperrgung zu sein, wenn es sich um ein Medium handelt, dessen Unterstützung sie erhalten, wie BILD.de. Seiten, die sich kritisch gegenüber jenen Mediem äußern, werden dann erst ab 16 freigegeben, wie der Bildblog. Offenbar kann man einem heutigen 17-jährigen keine kritische Berichtertattung außerhalb des medialen Mainstreams mehr zumuten. Also ich würde mir ganz schön verarscht vorkommen.
Doch Vorlieben scheint auch der Filter zu haben. So mag er zum Beispiel besonder Blogs, auf denen gegen geplante Zensurvorgaben vorgegangen wird, gar nicht, und sperrt diese grundsätzlich. CDU, und FDP sind erst garnicht gelistet. Allein diese politische Zensur, die eindeutig gegen das Gleichbehandungsgesetz verstößt, dürfte es unmöglich machen, von der Kommission für Jugendmedienschutz annerkannt zu werden.
Wendet man sich jedoch an die Organisation selbst, wird man mit der einfallslosen Ausrede "aus Termingründen keine Stellungnahme möglich" abgespeist. Was nicht heißen soll, dass die Initiatoren nicht hochbeschäftigt sind. Schadensbegrenzung kostet seine Zeit. Denn im Laufe des Tages waren in weiser Vorraussicht eines PR-Gaus plötzlich einige politische Seiten nicht mehr gesperrt, sondern nun ab 14 freigegeben. Da frage ich mich aber, nach welchen Maßstäben die Beurteiler zuvor gegangen waren? Denn zum Zeitpunkt, als selbst die Seite "gesichtet" und gesperrt hatten, empfanden sie sie ja offenbar als jugendgefährdend. Der Rest der Seiten wurde pauschal auf "individuell" heruntergestuft, genaus wie sämtliche Blogs und Seiten mit der Subdomain von Blogspot, ganz egal welcher Content darauf zu finden ist.
Das sollte allen, die bisher für die Sperrung kinderpornografischer Seiten waren, eine Lehre sein. Es zeigt uns doch wunderbar, wie leicht es ist, unter dem Deckmantel von Jugendschutz Zensur gegenüber Andersdenkenden auszuüben.
1 Kommentare
...und die Sperrliste von JusProg e.V. ist ja noch nachvollziehbar und man kann sich noch dagegen wehren.
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