Mein Senf zum dSchummelcamp

by - Januar 19, 2009


Aus gegebenem Anlass lasse ich es mir nicht nehmen, meinen Unmut über ein Sendeformat auszudrücken, dass nunmehr in die dritte (oder sogar schon die vierte?) Auflage gestartet ist. Zu eurer Information: Ich sehe die Sendung nicht. Aber ich habe mir kurze Auschnitte angesehen, die lediglich zutage brachten, dass es nicht anders ist, als in der Staffel zuvor und der zuvor und der zuvor und ... Allerdings im Netz, nicht auf der Mattscheibe, weil ich nicht einsehe, dass ich am Ende noch zur "Quote" gezählt werde und die Einkünfte dieser Hampelmänner noch erhöhe.

Zunächst eine Frage, über die wir uns alle Gedanken machen sollten:
Wie triebgesteuert und unterentwickelt sind wir eigentlich, dass uns der Voyeurismus so sehr kontrolliert?

Offenbar steht aber der Großteil der Bevölkerung auf derart hirnlose Pseudounterhaltung, was die jüngsten Quoten des Camps beweisen. Je brutaler, nackter und fieser es zugeht, desto toller finden es die Zuschauer. Ich ziehe meinen Hut vor all denen, die sich das Desaster jeden Abend ansehen und gedanklich kotzen gehen. Obwohl es schade ist um jede Minute, die dabei vergeudet wird.

Nun ja, Überlebenstrainig - why not? In der Not frisst der Teufel Fliegen. Aber gleich Cocktailweise? Andere Länder andere Sitten meint ihr? Es gibt ja auch Volksstämme, bei denen man gebratene Vogelspinnen isst. Unterschied aber: Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Daher ist der Unterhaltungswert dieser Sendung in meinen Augen mehr als bedenklich. Es ist armselig, lesen zu müssen, dass dieses Mal sogar ein Staffelrekord aufgestellt wurde. Es gibt wohl jährlich mehr Voyeure in Deutschland.

Zu diesem Thema war ein sehr schönes Zitat von Spiegel-online zu lesen:
"RTL hat ein Problem, ein dramaturgisches: Der Sender tut sich mittlerweile so schwer, auf Deutschlands VIP-Resterampen noch Brauchbares zu orten, [...] dass man diesmal sogar gezwungen war, auf Alte, Kranke und Österreicher zurückzugreifen." (Quelle)

Schade, dass so viele Prominente, die man früher gerne gesehen hat, nur aus Geld- oder Berühmtheitsgradmangel sich selbst derart entwürdigen lassen, was ihnen viel von der ursprünglichen Sympathie und Authentizität nimmt in meinen Augen.
Jetzt versucht sogar schon der erste dieser Staffel (Nico Schwanz) nocht mehr Kapital aus seiner Kurzzeitberühmtheit zu ziehen. Man lese und lache:

Nico Schwanz' erste Single

Es ist doch immer das gleiche Muster, und keiner erkennt, dass es nicht zieht. Ich will dir eins sagen Nico ... was du machst interessiert keinen Schwanz!

Lieber Leser, wenn du das hier liest und tatsächlich ein Fan der Sendung sein solltest, dann pass jetzt gut auf! Lass mich dir einige Dinge erklären. Der gefährliche, aufregende 2-wöchige Australienaufenthalt im tiefsten Dschungel ist nicht gefährlicher als ein Lanzarote-Urlaub. Warum?

Zum einen liegt der Verdacht auf der Hand, dass der Sender alleine bei den Anrufen schon die Fäden in der Hand hält. Dies fällt in bestimmten Situationen auf, zum Beispiel als Giulia Siegel in der Vorschau bei der Dschungelprüfung gezeigt wurde, obwohl die Zuschauer noch gar nicht gewählt hatten. Oder die beiden Moderatoren sind gerade auf dem Weg ins Camp um die Nominierung zu verkünden, da werden die Zuschauer noch angehalten zu voten und anzurufen! Obwohl das Ergebnis bereits auf den Karten stehen muss.

Zum anderen wird bereits vorher in einem Knebelvertrag jede Handlung schriftlich festgelegt. Die Gagen liegen bei bis zu 60.000 Euro. (Sinken jeweils erheblich wenn einer Regeln bricht, wie zum Beispiel nicht auf dem Klo zu urinieren oder Wasser nicht aus dem Fluss zu holen und abzukochen. Werden halbiert plus saftige Nachzahlung, sollte einer das Camp auf eigenen Wunsch verlassen) Durch den vorherigen Vertrag weiss jeder Teilnehmer genau, was er zu tun hat. Mit Giulia Siegel zum Beispiel wurde vereinbart, dass sie zicken soll. Selbst die ganz spontanen (?) Nacktauftritte beim Baden sind bis ins kleinste Detail im Drehbuch festgelegt.

Und Live ist das ganze sowieso nicht ganz. Es sind leiglich Zusammenschnitte aus Live und Aufzeichnung. Prüfungen und Schatzsuchen sind nie live, weswegen sie auch immer schön bis ins Unendliche dramatisiert werden können. Die meisten Zuschauer merken das nicht.

Und wer zu aller Krönung auch noch meint, dass die Kandidaten im echten australischen Dschungel campen, der irrt ebenso. Das Gebiet liegt auf einer ehemaligen Bananenplantage und alles wurde künstlich angelegt. Urwald? Keine Spur. Künstlicher Nebel, Strom, ein Netz gegen Regen und der komplette Teich ist mit Folie ausgelegt. Im Boden ist so viel Technik wie bei einem Rolling Stones Konzert! Dazu wird das Gelände täglich von Rangern abgesucht. Also haben Krokodile oder giftige Spinnen erst gar keine Chance. Vom Camp aus kann man sogar die Autobahn hören.

Selbst die Kakerlaken sind Spezialzüchtungen, die bestrahlt wurden gegen Krankheiten.

Und zuguterletzt: Nicht einmal Dr. Bob ist echt. Der ist nämlich gar kein Arzt, sondern Sanitäter!

Na schön, jedem das Seine. Setzt euch weiter in den Dschungel, lacht über die inszenierte Witzigkeit von Sonja und Dirk, heult und jammert über Dinge, die euch eigentlich schon vorher klar gewesen sind und verschliesst die Augen davor, dass keiner die Sache ernst nimmt - ausser ihr selbst.


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2 Kommentare

  1. Danke für diese Zusammenfassung! Ich kann auch nur den Kopf darüber schütteln, was es eigentlich für Sendungen im TV gibt und wer sich sowas reinzieht. Survival? Okay, nette Idee. Aber das ganze Ekelzeugs, was da veranstaltet wird, ist doch einfach nur Show. Und wie peinlich ist es bitte, dass es höhere Einschaltquoten gibt, je abstoßender und widerwärtiger eine Sendung ist? Genau. Voll peinlich.

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  2. Also ich für meinen Teil steh auf diesen hochpeinlichen Scheiß. Wohl wissend, dass das ganze ein ganz großer Fake ist! Ich lach mich da jedes Mal krank. Allerdings kommts auch drauf an, WER so bescheuert ist, sich ins "Camp" zu begeben.

    Hab ja von mir selbst nie behauptet, nich ein bissl gaga zu sein.

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