Wie viel muss man wissen?
Es erstaunt mich diese Erschütterung, der man begegnet, wenn man nicht jederzeit umfassend informiert ist. Putsch in Nicaragua, was ist heute in Bagdad explodiert, welcher Tsunami rast durch welche Ortschaft, und welcher Präsident ist gerade wegen Korruption angeklagt? Muss man das denn alles wissen? Unbedingt? Umfassend informiert sein, die Welt verstehen, mitreden, Relationen begreifen. Das wird erwartet.
Äußert man bezüglich der Frage, ob in Deutschland zu viel oder zu wenig Amok gelaufen wird ein langweiliges „Ist es nicht alles ein wenig egal?“, wird man als ignorant abgestempelt. Es ist manchmal ganz schön anstrengend, seine Meinung für sich zu behalten.
Man sollte doch in einem gewissen Alter begriffen haben, dass die Welt ein furchtbar banaler Ort ist. Der Kapitalismus ist nur eine Leiche der modernen Menschwerdung. Den Traum, die Erde zu retten, hat den noch einer? Die Entrüstung ob der täglichen Ungerechtigkeit, fühlt die noch wer? Wir können Unterschriften sammeln, eine Partei gründen, eine Revolution machen. Oder Kinder zeugen, die wir so erziehen, dass sie es besser machen. Wir könnten auch einfach zur Abwechslung man alle die Fresse halten und schweigend in die Abgründe blicken.
Aber nun die entscheidende Frage: regt die Lektüre des täglichen Elends uns wirklich dazu an, kritisch zu denken? Die Medien tragen sicherlich ihren guten Part dazu bei, ich meine, durch den Tsunami-Hype wurde immerhin einiges gespendet. Vor 40 Jahren hätten die armen Leute, unbemerkt vom Weltinteresse vor sich hingewurstelt und ihre Papphütten alleine wieder hingestellt. Pakistan, amerikanische Amokstudenten und deren Opfer, die Terrortoten im Irak, was stellen wir mit diesem gefilterten Wissen an? Waren es einfach ein paar Zeilen mehr auf dem inneren Informationsscheiterhaufen? Sind alle Tageszeitungen, Magazine, Boulevardbeiträge nur kleine Kekse mit denen wir unsere Langeweile füttern?
Wie vortrefflich es sich ohne Zeitbezug leben lässt merkt man nur im Urlaub. Weit weg, den Globus umgekrempelt, oder ein verkrüppelter Ort eine Stunde entfernt. Vielleicht rennt man am Anfang noch vom Kiosk zu Kiosk und ergattert am Ende eine mehrere Wochen alte Bildzeitung, liest sie und dann: vergisst man.
Uns steht doch ein anderes Leben zu. Leben mit der Sonne. Wenn man beginnt zu lächeln und sich in der Betrachtung kleiner Insekten verliert, Holz hackt, in den Fluss kackt und am Abend einem diese große Ruhe überfällt. So hat die Natur den Menschen gemeint.
Wenn wir mal ehrlich sind, wissen wir doch nichts zu sagen. Nichts von wirklichem Belang. Wir sollten realisieren, was Städte wirklich sind: unnatürliche Zwangsgemeinschaften, die alles Individuelle zerstören.
Leider wird das alles nach dem Urlaub wieder vergessen. Zurück zu Hause. Mit der Morgenzeitung, den Mails, den Nachrichten, dem Radio, den Events, und all diesen dreckigen Infodingen, die wir in unser Hirn packen. Wozu? Aber wirklich informiert ist dann doch keiner. Niemand ist doch imstande, dieses Informationsspektakel richtig zu verwerten.
Die Informationen, die ich gerade geschrieben habe, kann man eigentlich auch mit den Nachrichtensendungen unter „nicht verwertbares Material“ abspeichern.
3 Kommentare
Hmm nicht ganz falsch was du da schreibst. Klar, im Urlaub vergessen wir alles.
AntwortenLöschenAber danach interessiert mich schon was in der Welt vorgeht.
Aber ich gehöre auch nicht zu denen die verlangen das es jeden interessiert.
Die Frage ist nicht,ob ich mich interessiere, sondern wie und ob ich die "anfallenden" Informationen verwerte.
AntwortenLöschenIch persönlich interessiere mich für vieles, was nicht heißt, dass mich ALLES davon interessiert...
Wer entscheidet, ob es von Belang ist, was wir sagen - das liegt im Ohr jedes einzelnen Hörers.
Ich schau auch schon seit Jahren keine Nachrichten mehr. Zumindest nicht im Fernsehen. Lese auch keine Tageszeitung.
AntwortenLöschenSeit ich ne Wii habe, schau ich selten mal die Nachrichten über den entsprechenden Wii Kanal. Mehr aber auch nicht. Mmmh ja und Digg und Kotaku aber die braucht man als Internetmensch natürlich wie Luft zum Atmen : )