Sinn und Unsinn von Okkultismus (1)
Ich habe mich dazu entschlossen, hier eine kleine Serie zu starten, in der ich bestimmte Bereiche aus der Esoterik bzw. dem Okkultimus aufgreifen möchte, um zu sehen wie viel tatsächlich hinter diesen Bereichen steckt.
Im Laufe der Serie, die übrigens unregelmäßig erscheinen wird, da ich mich ja auch erst mal in die Materie einfinden muss, werde ich mir unter anderem darüber Gedanken machen, ob man jemanden tatsächlich verfluchen kann, ob es so etwas wie Todesträume wirklich gibt und ähnlichem. Dabei soll nicht so sehr das Historische im Vordergrund stehen - darüber gibt es Bücher genug. Eher die Frage, was Menschen dazu bringt an solche Dinge zu glauben und ob und wie man das widerlegen kann.
Zum Anfang habe ich mich gefragt, was jemanden überhaupt dazu bringt, sich dieser Materie zuzuwenden. An jeder Ecke blitzen uns Horoskope entgegen (in jeder Zeitschrift neu auf die Sternzeichen verteilt), in den Zeitungen schalten Handleser ihre Anzeigen und die Kinder amüsieren sich mit Voodopuppen, Gläserrücken und Hexensprüchen. Jugendliche legen mit unglaublicher Begeisterung Tarotkarten, um zu wissen ob die aktuelle Flamme tatsächlich endlich mal der richtige ist und schon früh am Morgen in diversen Fernsehkanälen bekommt man das Karma vom Fließband. Worin liegt also das Faszinierende für eine solch große Masse, in solche Bereiche einzutauchen? Wie kann es zu so einem Mysterienhype kommen?
Zunächst sei bemerkt, dass die Esoterik natürlich nicht erst ein Produkt des modernen, aufgeklärten 20. Jahrhunderts ist. Ihre Anfänge liegen weit zurück und Traditionen spielen auch sicher bei einigen Esoterikern auch heute noch eine Rolle. Und doch gibt es zahlreiche Gründe dafür, sich auch ohne Hexen in der Familie irgendwann in dieser Sparte wiederzufinden.
Fangen wir mal mit den Kindern an. Schon in der frühen Kindheit ist Imagination ein wichtiger Teil in der Entwicklung. Wer von uns hatte keinen imaginären Freund, hat für eine ganze Familie ein Plastikservice ausgebreitet oder seiner Puppe einen Charakter und Leben eingehaucht? Das fördert die Kinder und ihre Fähigkeit Imagination und Kreativität zu entfalten. In 99% der Fälle werden damit natürlich gute Erfahrungen gemacht und "imaginatives Leben" wird unter "hilfreich und spaßig" gespeichert. Da liegt es natürlich nahe, dass es umso spannender ist, wenn man mit "Geistern" kommuniziert. Oder wenn man herausfindet, dass man die beste Freundin fürs Wegnehmen der Lieblingsbarbie mithilfe einer Puppe und ein paar Nadeln zurückschikanieren kann, wobei man natürlich fest von dessen Wirkung überzeugt ist. Klar, nicht alle Kinder kommen auf diesen Trip, aber wenn sich so ein Hype in einer Grundschule erst mal festgesetzt hat, ist das kaum mehr loszuwerden, wobei ich aus Erfahrung sprechen kann. Es macht Spaß, birgt Geheimnisse (Kinder sind Entdecker!!) und lässt sie mit anderen Kindern zusammensein und neue Freundschaften schliessen.
Bei den meisten Kindern verliert sich dieses Hobby sehr schnell wieder, sobald ein neues auf dem Markt ist. (Ich erinnere an Sammelhypes wie Diddl, Pokemon etc.) In der Jugend gibt es einige andere Aspekte, sich dem Bereich der Esoterik hinzugeben.
In der Pubertät merkt man relativ schnell, dass einem viele Fragen in den Kopf kommen, die einem einfach keiner beantworten kann. Fragen, die man sich so noch nie gestellt hat. Plötzlich tauchen neue Probleme auf, über die man sich vorher nie Gedanken gemacht hatte - und keiner scheint einem zu verstehen und helfen zu wollen. Wenn die weltliche "Hilfe" also versagt, warum sich nicht einer überirdischen zuwenden? Jeder ist auf der Suche nach einer Erkenntnisquelle, aber gerade in einer Zeit wie der Pubertät, in der man Antworten so bitter nötig hat, neigt man dazu an jedem Strohhalm zu ziehen um zu diesen Antworten zu gelangen. Und sehr viele landen bei der dieser Suche früher oder später in der Esoterik. Wenn im Horoskop in der Bravo steht, dass ich nächste Woche Glück haben werde, gibt mir das eben für einen Moment ein Glücksgefühl und befriedigt mich in meiner Frage.
Ich finde genau da geht es schon los. In der Bravo (und anderen diversen Teeniezeitschriften) wird der Jugend quasi vorgelebt, wie normal und alltäglich das Übersinnliche ist. Massenhaft Artikel über Hexen, neuste Liebesorakel etc.pp. Das wirkt mystisch und rebellisch - genau, was ein Jugendlicher sucht. Und sowieso machts ja jeder ... da wird natürlich mitgezogen. Sessions werden veranstaltet um gemeinsame Erfahrungen mit Gleichaltrigen zu sammeln, Tarotkarten vertreiben die Zeit.
Mit dem Ende der Pubertät schwindet auch schon bei den meisten das Verlangen nach dem Übersinnlichen. Was bringt uns dann als Erwachsene dazu, sich dauerhaft damit zu beschäftigen oder es vielleicht zu unserem kompletten Lebensinhalt zu machen?
Ein Aspekt, den viele bestreiten werden, der aber, so bin ich sicher, häufiger vorkommt als man glaubt, ist Geldnot. Wir leben in Deutschland, 2009, und keiner hat Geld. Natürlich! Wenn man keinen "vernünftigen" (Esoteriker mögen mich leben lassen) Job findet und sich zu schade dafür ist Toiletten zu putzen, muss man sich eben was anderes ausdenken. Nun ist es bekannt, dass viele Erwachsene Rat und Hilfe bei Wahrsagern, Numerologen etc. zu finden versuchen. Warum das nicht als Geldquelle missbrauchen, sich ein bisschen mit statistischer Wahrscheinlichkeit beschäftigen, und Wahrsager werden? Das kann, bei entsprechender Treffsicherheit, schon lukrativ werden. Diese Handlung wirft ein ethisches Problem auf. Ist es moralisch vertretbar, wenn eine Frau aus purer Geldnot darauf zurückgreift Menschen zu täuschen und sie vielleicht in ein "schlechtes Schicksal" laufen lässt?
Der häufigste Grund allerdings, sich dem Okkulten zu verschreiben, ist ein anderer. Wir leben in einer Zeit, in der sich die Informationen nahezu täglich vervielfachen.Wir wissen nichts und wissen alles. Technik, Medien und Wissenschaft haben im letzten Jahrhundert DEN Aufschwung ihrer Existenz erlebt. Aber um sich an eine solch rasante Weiterentwicklung zu gewöhnen bräuchte unser Gehirn Jahrtausende um es richtig verarbeiten und ausschöpfen zu können! Was muten wir uns selbst zu? Die massenmediale Gewalt steuert ins Unendliche und täglich wird von uns mehr erwartet. Angesichts dieser Reizüberflutung ist es kein Wunder, wenn viele sich eine Nische suchen, um diesem alltäglichen Wahnsinn zu entfliehen. Wo sind wir denn noch ganz im Reinen mit uns selbst? Nicht, dass das nicht auch ohne Qkkultismus möglich wäre, aber darüber verfügen eben die meisten nicht, weil sie nicht mal eine Ahnung davon haben, wie das geht. Es gibt uns ein Stück Alltagssicherheit und Ordnung in einem System um uns herum, dass sich stetig verändert und weiterentwickelt. Die bisherigen Methoden zu "glauben" haben nichts gebracht, die Welt nur tiefer in ihr Unglück rennen lassen. Daher muss man sich etwas neues suchen, was vielleicht helfen könnte den Sprung aus dem Pool der Informationsverfielfältigung und dem Elend zu schaffen.
Letztlich stellt sich eine Frage, mit der sich auch schon einige Philosphen und Psychologen beschäftig haben. Ob es nicht vielleicht auch daran liegen könnte, dass der Drang, einfach "an etwas zu glauben" bereits bei unserer Geburt instinktiv vorhanden ist. Ein Philosoph ging soweit, diesen Drang als "Sinn" oder "Urtrieb" zu bezeichnen. Und da der ursprüngliche Glaube versagt hat in den Augen vieler Menschen, verschreiben sie sich einem neuen, der halt nebenbei auch noch etwas modischer ist. Irgendwie müssen wir dem ganzen ja entkommen ...
3 Kommentare
Vielleicht ist die Ungewissheit über das Schicksal, welches uns erwartet ein Grund, warum sich Menschen dazu hinreissen lassen, ihre Zukunft in Horoskopen, Kartenlegen, Kaffeesatzlesen etc. "vorauszusagen".
AntwortenLöschenVielleicht hilft das Gefühl, ein Stück weit selbst bestimmen zu können, wie es weitergeht beim Überleben. Ich hab keine Ahnung.
Aber gerade dann, wenn ich das Gefühl haben will, mein Leben selbst zu bestimmen, würde ich nicht zu einem Wahrsager gehen. Der prophezeit mir ja immerhin was, was er mir als "Schicksal" und "unveränderlich" verkaufen will.
AntwortenLöschenMit der Ungewissheit hast du sicherlich Recht denke ich. Es gibt einfach zu viele stetige Veränderungen, so dass ich irgendwie auch nachvollziehen kann, wenn sich jemand da an etwas klammert, was ihm als "sicher" proklamiert wird ...
Hmm, ein weitläufiges Thema dem du dich da hingibst.
AntwortenLöschenViel Spass, aber verlier dabei nicht den skeptischen Blick und vergiss nie zu hinterfragen.:)